In der Corona-Krise galt der Gouverneur von New York, Andrew Cuomo, für viele, vor allem in den liberalen Medien, als Held, denn er verkörperte Hoffnung, gab Klarheit in chaotischen Zeiten und versprach vor allem eins: Hilfe.
Warum viele froh sind, dass seine Amtszeit als Gouverneur von New York jetzt (schon) vorbei ist und wie es dazu kam, erfahrt Ihr nun in dieser Folge von Pennsylvania Avenue.
Fangen wir mal ganz von vorne an. Wer ist überhaupt Andrew Cuomo?
Der amerikanische Politiker Andrew Coumo wurde 1957 in New York City, im Bezirk Queens, geboren. Er wuchs mit drei Schwestern und einem Bruder auf und die Großeltern beider Seiten waren Einwanderer aus Italien. Er schloss sein Jurastudium mit 25 Jahren an der Albany Law School ab und jobbte parallel zum Studium unter anderem als Automechaniker, Landschaftsgärtner und Wachmann. Andrew Cuomo war Wahlkampfmanager seines der demokratischen Partei angehörenden Vaters, der mit Erfolg für den New Yorker Gouverneursposten kandidierte. Cuomo wurde nach der Wahl dessen politischer Berater und persönlicher Referent.
Seit 2011 genoss Cuomo seine Zeit im Rampenlicht als Gouverneur von New York. Er wurde zunächst dafür bekannt, dass er sich auf LGBT-Rechte, Frauenrechte und wirtschaftliche Verbesserungen konzentrierte. Auch senkte Cuomo die Unternehmens- und Produktionssteuern, um das Beschäftigungswachstum anzukurbeln. Im Juli 2011, nur zwei Jahre nachdem die Gesetzgeber des Bundesstaates ein Gesetz zur Gleichstellung der Ehe abgelehnt hatten, unterzeichnete der Cuomo ein Gesetz, das New York zum größten Staat machte, der die gleichgeschlechtliche Ehe legalisierte. Im September 2014 legalisierte er medizinisches Marihuana in New York. Jedoch hatte Cuomo in anderen Bereichen eher weniger Erfolg und es wurde ihm sogar vorgeworfen, nicht genug zu tun, um seine demokratischen Kollegen im gesamten Bundesstaat zu unterstützen.
Nationale oder sogar auch internationale Aufmerksamkeit und Bekanntheit erlangte Coumo während der Corona-Krise durch seine täglichen Briefings und seiner entschlossenen und selbstbewussten Führung des Bundesstaates New York durch die Pandemie. Er trat als Polit-Superstar auf, man gab ihm den Spitznamen „Gouverneur Covid”. Die Demokraten fragten sich schon, ob Cuomo nicht nur ein eitler, sondern auch geschickter und machtbesessener Politiker, nicht der bessere Präsidentschaftskandidat sei als Joe Biden. Oft wurde Cuomo wegen seiner Rücksichtslosigkeit mit dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump verglichen, nur, dass Cuomo auf einmal der Anti-Trump war, und Trump Cuomo mehr fürchtete als jeden anderen politischen Herausforderer.
Nun folgte der Rücktritt des New York Gouverneurs – vom Super Politiker zur Enttäuschung und Sturz eines Helden – aber was genau ist eigentlich passiert?
Cuomo soll einer Untersuchung zufolge mehrere Frauen sexuell belästigt haben. In dem 168 Seiten langen Bericht von Generalstaatsanwältin Letitia James heißt es: „Wir stellen fest, dass der Gouverneur eine Reihe von früheren und derzeitigen Mitarbeiterinnen des Bundesstaats sexuell belästigt hat, indem er sie unter anderem ungewollt berührt hat, sowie beleidigende, sexuell-anzügliche Kommentare gemacht hat, die eine feindliche Arbeitsatmosphäre für Frauen geschaffen haben“. Laut James wurden 179 Zeugen befragt und etwa 7400 Beweismaterialien gesichtet worden, die von James für valide und glaubwürdig erachtet wurden und aus denen auf ein verstörendes Verhaltensmuster Cuomos geschlossen werden konnte.
Daraufhin gab Cuomo seinen Rücktritt bekannt. Zwei Gründe sprechen dafür:
Erstens war der Druck auf den eigenen Reihen, der eigenen Partei, zu groß. Sogar der Präsident, Joe Biden, selbst, hat Cuomo zum Rücktritt aufgefordert. Dies gilt als sehr ungewöhnlich, dass der US-Präsident einen rechtmäßig gewählten Gouverneur zum Rücktritt auffordert – noch dazu, wenn dieser zur gleichen Partei gehört. Zweitens trat Cuomo zurück, in der Hoffnung, sich ein demütigendes Impeachment zu ersparen.
Nach dem seinem Rücktritt beendete das Repräsentantenhaus des US-Bundesstaats die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens. Denn man sei nicht befugt, ein solches Verfahren gegen einen Politiker durchzuführen, der nicht mehr im Amt sei, teilte der Sprecher des Repräsentantenhauses, der Demokrat Carl Heastie mit.
Es sind jedoch nicht nur die sexuellen Anschuldigungen, die Cuomo in das Licht eines falschen Vorbildes rücken:
Cuomos Politik wurde seit Jahren von einem Stil der Einschüchterung geprägt, mit welcher er jahrelang durchgekommen ist. Ironischerweise war es erst die große durch die Corona-Krise erlangte Popularität, die die Aufmerksamkeit der breiten Öffentlichkeit auf Cuomos „mafiosen” Regierungsstil lenkte.
Cuomo hatte offenbar während Corona die wahrhaften Todeszahlen in New Yorker Altersheimen gezielt unterschlagen. Gleichzeitig hatte er Pflegekräfte, die positiv getestet wurden, weiterhin in diesen Heimen arbeiten lassen.
Gerade unter der Linken war Cuomo mit seinem autoritären Stil und seiner Machtbesessenheit schon lange ein Objekt der leidenschaftlichen Abneigung.
So ist für alle, die New Yorker Politik schon länger beobachten, der Fall von Cuomo weniger der Sturz eines Helden, als das längst überfällige Ende einer korrupten, toxischen Ära in New York.
Mit ernster Miene und getragener Stimme wandte er sich ein letztes Mal an sein Wahlvolk und versuchte irgendwie zu retten, was an seinem Ruf noch zu retten ist. Die Reaktionen auf Cuomos Abschiedsrede waren durchweg negativ. Das Magazin Politico verglich die Rede mit der Rücktrittsrede von Richard Nixon. Die Parallelen waren verblüffend, einige Formulierungen glichen sich praktisch wörtlich. Beide Politiker hatten die Kunst gezeigt, sich zu entschuldigen, ohne wirklich für irgendetwas Verantwortung zu übernehmen. Sichtlich angeschlagen zitierte Andrew Cuomo noch einmal sich selbst. Ein starker New Yorker zu sein heiße, die Stadt zu lieben. Und er liebe New York. Er liebe die New Yorker. Und alles, was er getan habe, sei unter diesem Vorzeichen geschehen. Er würde nie auf irgendeine Art und Weise nicht hilfreich sein Wollen.
Wer hat Cuomos Amt übernommen?
Am 24. August 2021 hat seine designierte 63-jährige Nachfolgerin Kathy Hochul den Posten an der Spitze des Bundesstaats als erste Frau übernommen. Hochul ist eine moderate Demokratin, welche die ländlichen und städtischen Bezirke des Staates auf sich vereinigen kann.
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Zahlen, Daten, Fakten und Statistiken, die für den Podcast, das YouTube Video und den Artikel verwendet wurden, sind den folgenden Quellen entnommen worden:
Kein Autor, „Amtsenthebungsverfahren gegen Cuomo abgesagt”, berliner-zeitung.de, August 2021, https://bit.ly/3jVV2o7 (letzter Zugriff am 09.09.2021).
Kein Autor, „Biden fordert New Yorks Gouveneur Cuomo zum Rücktritt auf”, Frankfurter Allgemeine, faz.de, August 2021, https://bit.ly/3nhe8Ht (letzter Zugriff am 09.09.2021).
Kein Autor, „Cuomo droht nun Strafverfahren”, Frankfurter Allgemeine, faz.de, August 2021, https://bit.ly/3l9TyG9 (letzter Zugriff am 09.09.2021).
Kein Autor, „New Yorks Gouverneur Cuomo soll Frauen sexuell belästigt haben”, Frankfurter Allgemeine, faz.de, August 2021, https://bit.ly/3yWxZhk (letzter Zugriff am 09.09.2021).
Kein Autor, „Strafanzeige wegen sexueller Belästigung gegen Cuomo”, Frankfurter Allgemeine, faz.de, August 2021, https://bit.ly/2X1x2aM (letzter Zugriff am 09.09.2021).
Moll, Sebastian, „Rücktritt von New Yorker Gouveneur Andrew Cuomo: Bye bye, Macho!”, Frankfurter Rundschau, fr.de, August 2021, https://bit.ly/3zTeGGW (letzter Zugriff am 09.09.2021).
Steffens, Frauke, „Biden lässt Cuomo fallen”, Frankfurter Allgemeine, faz.de, August 2021, https://bit.ly/3tF2B69 (letzter Zugriff am 09.09.2021).
Zaschke, Christian, „Der Druck auf Cuomo wurde zu groß”, Süddeutsche.de, August 2021, https://bit.ly/3A1b5Xi (letzter Zugriff am 09.09.2021).